Das digitale Gutachten (E-Akte) – von der Signierung bis zur Übertragung zu Gericht
Save the date: AB 01.01.2026 verpflichtende Nutzung der digitalen Akte!
In meinen Seminaren werde ich regelmäßig angesprochen, wie der Ablauf des digitalen Gutachtens ist. Da das von Bundesland zu Bundesland bisher sehr uneinheitlich geregelt war (und eigentlich noch ist), vermied ich eine konkrete Antwort zu geben. Mit diesem Artikel starte ich dennoch den Versuch, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Natürlich erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber ich denke, dieser Artikel wird Ihnen hilfreich sein.
Ich gehe davon aus, dass Ihr Gutachten, welches Sie an das Gericht übermitteln möchten, als PDF vorliegt. Alle angegebenen Preise sind zzgl. MwSt. und natürlich unverbindlich. Bitte informieren Sie sich direkt beim jeweiligen Anbieter.
In 2 Schritten zur E-Akte
- Das Gutachten (PDF) muss signiert werden
- Das signierte Gutachten wird an das Gericht über EGVP – Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach bzw. eBO – elektronisches Bürger- und Organisationspostfach, sogenanntes „Justizpostfach“ übermittelt. Das „Justizpostfach“ existiert erst seit dem 12. Oktober 2023.
Signaturkarte für das digitale Gutachten
Die Signierkarte ist nicht bei jeder Lösung notwendig. Wenn Sie diese beantragen möchten, so erhalten Sie diese auf Anfrage bei Ihrer zuständigen IHK oder HWK. Ansonsten hier:
https://www.d-trust.net/de/bestellen
D-Trust ist ein Unternehmen der Bundesdruckerei. Die Signaturkarte kostet für 2 Jahre ca. 170,– Euro
Bei Verwendung der Signierkarte wird zusätzlich, im Vergleich zur Signierung mit dem Personalausweis, die Gültigkeit der Bestellung abgefragt. Sollte die Bestellung nicht mehr gültig sein, so ist eine Signierung mit dieser Karte nicht möglich. Bei der Signierung mit dem Personalausweis (vom Gericht anerkannt) gibt es diese Abfrage natürlich nicht.
Kommerzielle Software für das Signieren und Übermitteln des digitalen Gutachtens:
Einen aktuellen Stand für alle verfügbaren Software finden Sie hier:
https://egvp.justiz.de/buerger_organisationen/index.php
- Governikus COM Vibilia eBO Edition
https://www.governikus.de/loesungen/produkte/com-vibilia-ebo-edition/
Preis: 69,– Euro / Monat plus Signierkarte ca. 7,– / Monat
Update: Seit kurzem ist es wieder möglich, die Software “COM Vibilia eBO Starter Edition” kostenlos zu verwenden. Download hier. Diese ist auf 8 Nachrichten pro Monat limitiert und steht bis zum 30.6.2024 zur Verfügung. Über die weitere Nutzung der eBO Starter Edition wird noch entschieden, so dass eine Nutzung der Anwendung über dieses Datum hinaus nicht ausgeschlossen ist. Sollte die kostenlose Variante nicht mehr zur Verfügung stehen, kann eine bestehende Postfach-ID für die Vollversion von COM Vibilia eBO übernommen werden.
Nach Rückfrage bei der Fa. Governikus kann die Software auch für gewerbliche Zwecke (Gutachter) verwendet werden. Dies wird leider auf der Seite von Governikus missverständlich dargestellt (siehe hier). - Procilon
https://www.procilon.de
Preis: 18,95 Euro / Monat, einmalig 450,– Euro
(Signierkarte nicht unbedingt erforderlich) - Fp-Digital Business Solutions
Mentana Gateway
https://www.fp-dbs.com/de/ebo
eBO-Basic-Bundle Preis: 59,– Euro / Monat, einmalig 350,– Euro
Lösungen für das Signieren des digitalen Gutachtens, wenn Sie keine der vorangestellten Software benutzen möchten
Die Voraussetzung ist, Sie haben einen elektronisch lesbaren Personalausweis (dazu entweder Smartphone mit NFC oder Lesegerät am PC) und/oder eine Signaturkarte.
Installieren Sie zunächst die „AusweisApp2“ auf dem Smartphone oder auf dem PC. Download hier: https://www.ausweisapp.bund.de/download
Ihr Personalausweis ist dann elektronisch lesbar, wenn er das entsprechende Logo auf der Rückseite besitzt:
Um ein PDF mit der notwendigen „Qualifizierte elektronische Signatur (QES)“ zu versehen, müssen Sie sich bei „sign-me.de“ anmelden, welches zu D-Trust gehört und somit zur Bundesdruckerei. Dazu ist die oben genannte Authentifizierung mit dem Personalausweis notwendig. Im Verlauf der Anmeldung legen Sie ein Konto an und es wird ein Zertifikat erstellt. Ist dieses erstellt, fällt zukünftig die Authentifizierung mit dem Personalausweis weg und es sind nur die eingegebenen Kontodaten notwendig.
Ist die Hürde mit der Anmeldung geschafft, dann ist das signieren eines Gutachtens äußerst einfach: Sie laden Ihr Gutachten auf die Seite ab und laden es gleich anschließend mit Signatur wieder herunter. In Ihrem Konto bleibt es 4 Tage gespeichert:
Die ersten beiden Dokumente sind kostenlos, dann muss man sich „Coins“ kaufen. Sie benötigen 5 Coins für eine Signierung. 25 Coins kosten ca. 21 EUR, 500 Coins ca. 100 EUR. Eine Gutachten-Signierung kostet ca. 4,– oder 1,– EUR.
Software zur Signierung als Alternative zu Sign-me
Auf der Seite von „Secrypt“ finden Sie die Software „digSeal office“ für einmalig 119,– Euro. Hier ist wiederum die Signierkarte Pflicht. Es gibt sicherlich noch weitere Signier-Software auf dem Markt, die jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.
Lösung für das Übermitteln des digitalen Gutachtens an das Gericht
Dieses Prozedere war bisher nur den oben genannten Software zugedacht, die sowohl das Signieren, also auch das Übermitteln können. Teilweise wird noch auch die DE-Mail-Adresse zur Übermittlung genutzt. Diese wird am 31.8.2024 komplett eingestellt. Seit Oktober 2023 gibt es das „Justizpostfach“. Klären Sie vorab mit Ihrem zuständigen Gericht, ob Sie diese Möglichkeit für Ihr digitales Gutachten nutzen können. Mir liegt bereits ein Schreiben von einem Landgericht vor, dass ausdrücklich auf das Justizpostfach hinweist und es empfiehlt. Es tut sich doch was…
Zunächst müssen Sie sich bei BundID anmelden: https://id.bund.de/de/welcome
Der nächste Schritt ist, dass Sie das Justizpostfach einrichten: https://id.bund.de/de/welcome/auth/1/eID
Im Einrichtungs-Verlauf lädt man sich eine Datei herunter, die zur Verschlüsselung und Identifikation dient. Daher sollte man den Anmeldungs-Prozess auf dem PC machen, von dem auch später die Gutachten erstellt werden. Oder man kopiert diese Datei dorthin. Das Smartphone ist als Lesegerät verwendbar, wenn es im gleichen W-LAN angemeldet ist!
Hat man das alles erst einmal geschafft, dann ist die Zustellung an das gewünschte Gericht wieder sehr einfach:
Nutzer der bisherigen DE-Mail
Die Bundesregierung wird sich zum 31.08.2024 endgültig von der DE-Mail verabschieden. Manche Gutachter nutzen dieses System, werden dann aber spätestens bis August 2024 eine neue Möglichkeit der Übertragung finden müssen. Ich denke, das Justizpostfach ist hier der Nachfolger. Hier geht es zu einem Artikel darüber.
Fazit zum digitalen Gutachten:
- Hat man wenige Gutachten im Jahr, die digital übermittelt werden sollen, kann man die Kombination sign-me und Justizpostfach gut verwenden.
Kosten: ca. 1 bis 4 EUR pro Gutachten - Hat man viele Gutachten, so ist die Procilon-Lösung günstiger als die Governikus- und FP-Digital-Lösung (Ausnahme, die kostenlose Variante bis zum 30.6.2024)
- Wichtig: Vorher abklären, ob Gericht über Justizpostfach Gutachten annimmt.
Gerne können Sie mir Ihre Erfahrung mitteilen!